Madeline Juno: Melancholie ist mein bester Freund und Motor

Interview mit Madeline Juno
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Promobild / © Philipp Gladsome

Madeline Juno ist blutjung und doch schon ein «alter Hase« in der Musikszene. Die deutsche Songwriterin hat gerade ihr aktuelles Album «Slavation» auf den Markt gebracht und sich Zeit genommen, einige Fragen zu beantworten. Ein Thema waren die Erfahrungen im Business als noch minderjährige Künstlerin, Madeline erzählt von der Arbeit an neuen Album und verrät, was es mit Bukowski im Song «Like Lovers Do» auf sich hat.

 

 

Gerade ist mit «Salvation» dein zweites Album auf dem Markt gekommen. Wie fühlst du dich?

Ich bin unheimlich aufgeregt und kann es noch gar nicht richtig glauben, trotz dass das «Warten» auf letzter Strecke für mich selbst eigentlich so unendlich erschien. Ich freue mich sehr und bin gespannt, was die nächste Zeit mit «Salvation» passiert.

 

Wie war für dich die Arbeit am Album?

Im wahrsten Sinne des Wortes - eine Erlösung. Klar, so mancher Writing- oder Produktionstag war definitiv auch sehr hart und anstrengend, aber zum Glück! Ich meine, es wäre ja schlimm, wenn einem alles einfach so zugeflogen und aus dem Ärmel geschüttelt käme. Ich fühle mich so sicher und so sehr wie ich selbst, wie gefühltermaßen noch nie in meinem Leben. Ich konnte mich bei der Arbeit an «Salvation» so austoben und alles aus mir herauskitzeln, was ich lange versteckt gehalten habe.

 

Was hast du seit dem Debüt «The Unknown» lernen können? Bist du vielleicht anders an die Arbeit zu «Salvation» herangegangen?

Ich glaube, nicht nur, dass ich inzwischen ein paar Jährchen älter geworden bin, spielt eine wichtige Rolle, was den Klang und die Weiterentwicklung von «The Unknown» zu «Salvation» betrifft, sondern auch dass sich privat einfach sehr viele Dinge in meinem Leben verändert haben. Ich bin nach Berlin gezogen, habe unheimlich tolle Menschen kennengelernt, mich verliebt, an Co-Writings gewagt und höre andere Musik, als zu «The Unknown»-Zeiten. Ich habe mich positiveren und frischen Klängen geöffnet und mal meine Akustik-Gitarre aus der Hand gegeben. Ich habe viel herum experimentiert und besonders versucht, natürlich meine Melancholie nicht zu ignorieren, aber mich auch den positiven Dingen im Leben zu widmen.

 

Wie entstehen die Songs? Schreibst du alleine?

Das ist ehrlich gesagt mit jedem Song unterschiedlich. Mal schreibe ich alleine, mal aus Wut, mal aus fröhlichem Revue-passieren-lassen, mal weinend, mal lachend. Oft schreibe ich auch mit meinen engen Songwriter- und Produzentenfreunden und schreibe mir alles, was geschieht, von der Seele. Mal tags, mal nachts. Ein Schema gibt es da tatsächlich gar nicht.

 

 

Ich habe um die 45 Songs für dieses Album geschrieben und die Songs ausgewählt, deren Geschichten und Inhalte für mich am stärksten erschienen.

 

 

Wo entstehen deine Songs? Hast du einen Platz, an dem du am liebsten schreibst oder brauchst du eine bestimmte Stimmung, um schreiben zu können?

Ich glaube, was die Stimmung betrifft, ist die Melancholie mein bester Freund und Motor.

Einen Lieblingsplatz habe ich nicht, aber unser kleines Home-Studio eignet sich wirklich super zum Schreiben.

 

Wie hast du die Endauswahl der Songs für das Album zusammengestellt?

Ich habe um die 45 Songs für dieses Album geschrieben und die Songs ausgewählt, deren Geschichten und Inhalte für mich am stärksten erschienen. Und vor allem wollte ich, dass das Album in sich Sinn ergibt, sowohl inhaltlich als auch musikalisch.

 

Mir ist besonders «Youth» aufgefallen. Ein schöner Abschluss für das Album. Kannst du etwas dazu sagen? Hat der Song eine Geschichte?

Das freut mich sehr! Mit «Youth» habe ich quasi zum ersten mal für mich selbst reflektiert und verarbeitet, wie das eigentlich war, so im «Musikgeschäft groß zu werden» und zwischen der ersten großen Liebe und Schulbank drücken ein Album zu produzieren und Plattenfirmen-Menschen zu treffen und gefangen in einer Zwischenwelt zu sein. Nicht Kind, nicht erwachsen. Hier, aber ganz weit weg. Ganz klein, aber Träume im Herzen, die die Schallmauer durchbrechen wollten, so groß waren sie.

 

Ich habe noch eine Frage zu einem älteren Song. In «Like Lovers Do» vom Debütalbum gibt es die Zeile «… and you read me like a Charles Bukowski Book …». Bukowski gilt als Autor, der irgendwie in keine Schublade passt und gerne mit Antihelden arbeitet. Wieso wurde für diese Zeile Bukowski gewählt?

Ich LIEBE diese Frage, haha! Ich bin ja einfach ein totaler Detail-Fanatiker und liebe es, Gegenstände und Orte und Insider in meine Texte zu packen. Tatsächlich schrieb ich diesen Song über meinen «Crush» damals, der mich total faszinierte. Er war sehr belesen, intelligent und geheimnisvoll. Wenn auch ein bisschen verschroben. Und wir schwebten auf ein und der selben Welle. Auch wenn er Charles Bukowski ein wenig lieber mochte, als ich es tat.

 

Deine Eltern waren beide auch musikalisch tätig. Mit was für Musik bist du gross geworden? Und war die Musik in deinem Elternhaus für dich als Künstlerin wichtig?

Mein Papa ist Schlagzeuger und im Herzen ein richtiger Hard-Rocker. Papa liebt Kiss und ACDC, davon habe ich viel erfahren als Kind. Auch die Neue Deutsche Welle der 80/90er, natürlich. Meine Mama ist Pianistin und liebt Pop Musik, also gab es da sehr viel ABBA, Madonna, aber (GOTT SEI DANK) auch Queen für meine Ohren.

  

 

Ich werde niemals vergessen, wie meine erste eigene Headliner Tour war. Das war die schönste Zeit. So emotional und aufregend und erfüllend wie nichts anderes.

 

 

Du hast das Debüt mit 18 Jahren veröffentlicht, jetzt bist du 20 Jahre alt. Würdest du rückblickend wieder so jung die Branche einsteigen?

Für mich begann der Zirkus ja weitaus früher. Meine Produzenten und ich stiessen auf einander, da war ich gerade einmal 14 Jahre alt. So alt wie mein kleiner Bruder jetzt. Absurd, wenn ich jetzt daran denke. Absurd, wie schnell die Zeit verging und auf wie viele Ferien im Tonstudio ich zurückblicken kann. Ich bin hin und hergerissen - ich habe unglaublich viel gelernt und wurde früh selbstständig und will all meine «Alter-Hase»-Erfahrungen nicht missen. Aber manchmal wünschte ich mir, ich wäre nicht mit kurz vor 18 ausgezogen und hätte meine Kindheit ein bisschen länger genossen. Aber wie es ist, ist es gut so. Ich bin sehr dankbar, mich schon, zumindest gefühlt, sehr gut in diesem Business auszukennen, hihi.

 

Die Musikszene wird gerne als Haifischbecken bezeichnet. Was hast du für Erfahrungen gemacht? Hast du dich immer ernst genommen gefühlt?

Sicherlich nicht. Ich weiß gar nicht, ob ich mich selbst ernst genommen hätte, hätte ich als 30-Jährige auf so ein Debüt-Album einer 18 Jährigen geblickt. Ich glaube, ich habe Gott sei Dank das beste Team, das ich mir wünschen könnte, und fühle mich sehr wohl. Auch wenn es viele Schattenseiten gibt, gibt es nichts bestätigenderes als auf der Bühne zu stehen und Menschen vor einem zu haben, die deine Texte laut mitgröhlen. Das ist wertvoller als alles Gold der Welt und macht das Haufischbecken auch wieder wett.

 

Du hast mit Youtube-Videos angefangen. Wir wichtig sind für dich heute social media Kanäle?

Sehr wichtig! Mir ist der Kontakt zu meinen Fans unheimlich wichtig und ich bin ja auch damit aufgewachsen. Daher ist das ein kleiner Zwiespalt von einer tendenziellen Social Media Sucht und einer schönen Beziehung zu meiner Community.

 

Hast du einen Tipp für Teenager, die gerne Sängerin oder Sänger werden wollen. Worauf kommt es an?

Schreiben, schreiben, schreiben! Ich glaube, jeder Vocalist sollte zum Stift und zu einem Instrument greifen und niemals aufgeben, sich durch seine musikalischen «Waffen» auszudrücken.

 

Gerade ist der Eurovision Songcontest wieder aktuell. Du hast 2014 am Vorentscheid teilgenommen und warst im gleichen Jahr in der Jury. Verfolgst du noch, was rund um den Wettbewerb passiert?

Der Eurovision Songcontest gehört quasi zu unserer Familien-Tradition, wie Ostern oder Weihnachten. Ich bin damit wirklich aufgewachsen und verfolge den ESC auch natürlich heute noch.

  

Du hast als Musikerin und Songwriterin schon viel erlebt. An welchen Moment erinnerst du dich besonders gerne?

Ich werde niemals vergessen, wie meine erste eigene Headliner Tour war. Das war die schönste Zeit. So emotional und aufregend und erfüllend wie nichts anderes.

 

Was ist jetzt, da «Salvation» auf dem Markt ist, weiter geplant?

Ich möchte einfach mit meinen Jungs so viel spielen wie nur irgend möglich und hoffentlich die Türen nach Europa aufbrechen. Wir haben viele Bühnen vor uns, die es zu rocken gilt und viele Menschen, die es zu erreichen gilt und ich möchte erst einmal einfach nur mein Bestes geben, dieses Album zu präsentieren. Und mich iiiirgendwann einmal an ein nächstes herantasten.

 

(Das Interview wurde schriftlich geführt.)

  

 

Madeline Juno - «Stupid Girl»

 

  • Künstlerin: Madeline Juno
  • Album: Savation
  • Veröffentlichung: 26. Februar 2016. 
  • Erhältlich im Handel oder bei iTunes

 

 

Patrick Holenstein / Do, 25. Feb 2016